Überstunden
a) Begriff
Der Begriff der „Überstunden“ ist von dem Begriff der „Mehrarbeit“ abzugrenzen. Als „Überstunden“ werden bezeichnet: Über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Höchstarbeitszeit.
Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt 8 Stunden am Tag gemäß § 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Die tägliche Höchstarbeitszeit kann auf 10 Stunden am Tag unter gewissen Bedingungen ausgeweitet werden, § 3 Satz 2 ArbZG. Der Begriff „Mehrarbeit“ bezeichnet jede die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit überschreitende Tätigkeit. Also mehr als 8 Stunden am Tag bzw. mehr als 10 Stunden am Tag.
b) Freiwilligkeit der Überstundenleistung
Der Arbeitnehmer ist zur Leistung von Überstunden auf Anordnung des Arbeitgebers nur verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag eine diesbezügliche Anordnungsbefugnis enthält. Ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung ist der Arbeitnehmer grds. nicht verpflichtet, Überstunden zu erbringen (Ausnahme: außergewöhnliche Notsituation des Arbeitgeberbetriebes). Eine Vereinbarung zur Leistung von Überstunden liegt bereits vor, wenn sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, bei einem vorübergehenden zusätzlichen Arbeitsbedarf länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten. Der Arbeitnehmer ist zur Leistung von „Mehrarbeit“ nie verpflichtet. Die Schutzvorschriften des ArbZG sind öffentlich-rechtlicher Natur und unabdingbar.
c) Vergütung von Überstunden
Bei dem Ausgleich der Überstunden besteht ein Wahlrecht für den Arbeitgeber, nämlich entweder Freizeitausgleich oder Geldzahlung. Ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers besteht auch bei gesetzeswidriger Mehrarbeit. Überstunden werden gem. § 3 b Abs. 1 EStG lohnsteuerlich nur dann begünstigt, wenn sie zur Nachtzeit oder an Sonn- oder Feiertagen erbracht werden und wenn die gezahlten Zuschläge ein bestimmtes Verhältnis zum Grundlohn nicht überschreiten (25 % bei Nachtarbeit).
d) Prozessuales
Regelmäßig begegnet die Überstundenklage des Arbeitsnehmers vor Gericht großen Hürden.
1. Stufe:
Zunächst muss der Arbeitnehmer im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung bereit gehalten hat. Hier gelangen das Zeiterfassungssystem des Arbeitgebers bzw. Notizen/Emails des Arbeitnehmers zu prozessualer Bedeutung. Arbeitgeber sind gut beraten eine betriebliche Organisation zu gewährleisten, wonach Überstunden stets von einem Arbeitgebervertreter in Textform abzuzeichnen sind. Die Beweiskraft eigener Dokumentation des Arbeitnehmers ist dann bei Gericht nur noch gering.
2. Stufe:
Sodann ist substantiiert vorzutragen, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hat bzw. die Erbringung geduldet hat bzw. dass die Überstunden zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Der Arbeitgeber duldet Überstunden, wenn er Arbeitsleistungen, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, entgegennimmt; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erbringung von Überstunden über mehrere Wochen erfolgt und der Arbeitgeber keinerlei ernst gemeinte organisatorischen Vorkehrungen trifft, um eine freiwillige Ableistung von Überstunden zu unterbinden.
e) Vertragsgestaltung
Eine Klausel mit dem Inhalt
„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Überstunden in den Grenzen der gesetzlichen Zulässigkeit zu leisten. Sämtliche Überstunden sind mit dem Vertragsgehalt abgegolten“
Ist nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam. Die Klausel ist nicht transparent genug, weil der Arbeitnehmer nicht abschätzen kann, wie viele Stunden er für sein pauschales Monatsgehalt zu leisten hat. Dies jedoch kann seine Motivation beeinflussen, mit dem Arbeitgeber überhaupt einen Arbeitsvertrag zu schließen. Zulässig wäre die o.g. Klausel, wenn es sich bei dem Arbeitnehmer um einen sog. leitenden Angestellten handelt. Der zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass er kündigen und abmahnen darf. Aber Vorsicht: Die Gerichte wollen sehen, dass diese Stellung in der Praxis „gelebt“ wird.
Zulässig wäre eine Klausel, die abbildet, dass 10% bis 20% der regelmäßige Wochenarbeitszeit als Überstunden ohne Überstundenvergütung zu leisten sind.
Beispiel bei 40 h Woche:
„Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Überstunden in den Grenzen der gesetzlichen Zulässigkeit zu leisten. 4 Überstunden / Woche sind mit dem Vertragsgehalt abgegolten“