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Abfindung

Einen generellen gesetzlichen Abfindungsanspruch im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses existiert im deutschen Recht nicht (anders zum Beispiel im französischen Arbeitsrecht). Im Gesetz normierte Abfindungsansprüche bestehen nur im Fall einer explizit vom Arbeitgeber erklärten „Abfindungskündigung“ gem. §  1 a Kündigungsschutzgesetz (KSchG), bei einem Auflösungsurteil nach §§  9, 10 KSchG (weil den Streitparteien ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist), bei Vorliegen eines Sozialplans oder als Nachteilsausgleichsanspruch nach § 113 BetrVG. Darüber hinaus können sich Abfindungsansprüche aus anderen Rechtsgrundlagen ergeben, insb. aus Tarifverträgen (z. B. Tarifsozialplan, Rationalisierungsschutztarifvertrag), Betriebs- oder Dienstvereinbarungen oder dem Arbeitsvertrag selbst. Außerhalb dieser gesetzlichen Rechtsinstitute ist die Vereinbarung einer Abfindung das Konstrukt vorangehender Verhandlungen der Arbeitsvertragsparteien.

Die Höhe der Abfindung bemisst sich nach den Chancen, dass eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht Bestand hat oder nicht. Vor diesem Hintergrund ist die vielfach im Umlauf befindliche Meinung, eine Abfindung müsse ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit betragen falsch (sog. Faustformel“). Unsere Kanzlei hat im Einzelfall als Abfindung weit geringere, aber auch weit höhere Zahlungen erstritten, als die „Faustformel abbildet“, je nachdem wie stark der Kündigungsgrund des Arbeitgebers war.

Entschädigungen (=Abfindungen) sind gem. §§ 34, 24 Nr. 1 EStG steuerlich privilegiert, wenn sie als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden.

Die Entschädigung muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen verursacht werden und mit der Intention geleistet werden, diesen Schaden auszugleichen, also auf einer anderen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen, so die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten, sondern noch in Erfüllung des Arbeitsvertrages geleistet werden, sind keine Entschädigung: Beispielhaft seien genannt:  Bei Abschluss des Aufhebungsvertrages bereits fällige (zumindest entstandene) Bonusansprüche, rückständiges Gehalt, Provisionen oder auch eine Urlaubsabgeltung. Gerade Letzteres hat auch Bedeutung für die Verhängung einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit.

Entschädigungen sind als außerordentliche Einkünfte gem. § 34 I, II EStG ermäßigt zu besteuern, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die „Zusammenballung“ von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Eine Zusammenballung von Einkünften kann nur angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte.  Nur in Ausnahmefällen lassen die Finanzbehörden zu, dass eine Entschädigungszahlung auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn zu einer Hauptentschädigungsleistung eine in einem anderen Veranlagungszeitraum zufließende minimale Teilleistung hinzukommt.

Eine Abfindung ist grundsätzlich kein beitragspflichtiges sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt. Sozialversicherungsbeiträge sind hierauf also nicht abzuführen. Wird hingegen in Wahrheit rückständiges Arbeitsentgelt gezahlt und die Zahlung von den Beteiligten lediglich als „Abfindung“ bezeichnet, unterliegt es der Beitragspflicht.

Häufige anwaltliche Fehler bei Abfindungsgestaltungen:

  • Fehlerhafte Annahme von Zusammenballung;
  • Fehlende Aufnahme einer Regelung, dass das bisherige Arbeitsverhältnis wieder auflebt, wenn Abfindung tatsächlich nicht an den Arbeitnehmer geleistet wird. Eine solche Regelung ist lebenswichtig, wenn zwischen Abschluss des Aufhebungsvertrages und Fälligkeit der Abfindung das beschäftigende Unternehmen insolvent wird;
  • Fehlerhafte erbrechtliche Gestaltung des Abfindungsanspruches;
  • Aufnahme von Urlaubsabgeltung im Aufhebungsvertrag (es empfiehlt sich hier regelmäßig vielmehr ein sog. Tatsachenvergleich („Urlaub ist genommen“).